Ein Blick zurück und nach vorn

  • Veröffentlicht am: 28. März 2005 - 19:06

Von Eva-Maria Hartmann, Stv. Bezirksbürgermeisterin

Liebe Bürgerinnen und Bürger! Schon wieder ist ein Jahr vergangen und es kommt einem fast so vor, als ob sich die Erde zunehmend schneller dreht. Das ist faktisch natürlich nicht so, dafür ist unsere Zeit aber tatsächlich schnelllebiger geworden. Was heute stimmt, muss morgen schon lange nicht mehr genügen. Eine Reform jagt die andere und kaum jemand ist überzeugt, dass die angestrebten Verbesserungen auch tatsächlich dadurch eintreten.

Die Sozialreformen der Bundesregierung sorgen für große Verunsicherungen, ebenso die zunehmende Arbeitslosigkeit und die geringe Geburtenzahlen. Die, die Arbeit haben, können nicht mit Sicherheit auf ihre hart erarbeitete Rente hoffen.

Wir von der grünen Stadtteilgruppe diskutieren häufig über diese Themen und dabei geht es manchmal auch kontrovers zu, denn jeden von uns könnte es mal betreffen: bei drohender Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfähigkeit, Alter usw. Fakt ist- nichts bleibt wie es ist und

wir alle müssen uns auf Einschnitte einstellen.

Das Seebeben in Südasien hat uns alle zutiefst erschüttert und uns am Weihnachtstage schlagartig bewusst gemacht, dass es uns noch immer sehr gut geht. Viele Menschen dort haben alles verloren und obwohl die große Welle Tausende von Kilometern von uns entfernt zuschlug, waren wir doch sehr betroffen. So manch einer von uns war ja auch schon mal in so einem Urlaubsparadies und es hätte auch einen von uns treffen können. In Anbetracht dieser Katastrophe erscheinen unsere Probleme wirklich harmlos und unwichtig.

Doch nun zu unseren Geschehnissen im vergangenen Jahr. Die Bundestagsabgeordnete Silke Stokar war im vergangenen Dezember bei uns zu Gast. Mit ihr diskutierten wir die bevorstehenden Reformen, die angeschlagene Gesundheitspolitik und vieles mehr. Durch dieses interessante und anregende Gespräch hatten wir die Möglichkeit aus der Perspektive der Bundesregierung die Sachlage zu betrachten. Es entstand ein sehr anregender Austausch, den wir anschließend weihnachtlich bei Keksen und Feuerzangenbowle ausklingen ließen.

Im Jahr 2004 konnten wir wieder neue Mitglieder gewinnen, die sich nun mit uns aktiv am grünen Geschehen beteiligen. Wir freuen uns immer wieder über neue Gesichter und Besucher in unserer Runde und laden deshalb hiermit gern zu unseren Sitzungen ein. Wir treffen uns jeden ersten Montag im Monat um 19 Uhr im Mütterzentrum Döhren.

Unsere schwarz-grüne Zusammenarbeit hat sich auch im letzten Jahr positiv bewährt. Die gemeinsamen Vorhaben, die wir zu Beginn unserer Arbeit schriftlich beschlossen hatten, sind größtenteils abgearbeitet. Bei unserem letzten gemeinsamen Treffen mit der CDU im November haben wir alle Punkte noch mal diskutiert und festgestellt, dass wir schon viel erreicht haben. Auch wenn nicht alle Anträge bei der Verwaltung auf Zustimmung stießen, so sind wir doch in unserem Rahmen recht erfolgreich gewesen. Alle Teilnehmer dieser Runde waren sich einig, dass die Kooperation konstruktiv und harmonisch verläuft. Im September hatte ich die Gelegenheit, mit dem grünen Fraktionsvorsitzenden im Europaparlament Daniel Cohn-Bendit auf dem Solar-Boot über den Maschsee zu schippern. Im Rahmen der Europa-Wahl beantwortete der Kosmopolit Fragen zur Europa-Politik. Insbesondere über die Aufnahme der Türkei in die EU haben wir an diesem sonnigen Nachmittag auf dem hannoverschen See heftigst diskutiert. Sicherlich wird es in Zukunft immer wieder auch kritische Auseinandersetzungen zu dieser Frage geben. Es ist eben eine Entscheidung, die nicht leichtfertig getroffen werden sollte.

Im Spätsommer vertrat ich unseren Bezirksbürgermeister bei der 1000- Jahr- Feier eines kleinen Örtchens namens "Döhren" in der Nähe von Helmstedt. In traditioneller Bürgermeistertracht wurde ich von Herrn Bürgermeister Frank Rosburg empfangen und durfte im gut besuchten Zelt des Dörfchens ein paar Grußworte mitteilen. Besonders erfreut war Herr Rosburg über ein Bild unseres Döhrener Turms, das ich ihm von unserem Bürgermeister Arno Kirse überreichte. Mit seinen 226 Einwohnern hat das kleine Dorf Döhren eine tolle 1000-Jahr- Feier auf die Beine gestellt. Jeder Hof war herausgeputzt und geschmückt, es gab einen kleinen Markt, Ausstellungen, Vorführungen, Musik und Tanz und vor allem viele nette "Döhrener"! Die Vorsitzende des Heimatvereins, Frau Gudrun Heinecke, führte mich durch das Dörfchen und bekundete ihr Interesse an weiteren Zusammentreffen mit uns Döhrenern. Im Namen von unserem Stadtteilhistoriker Günther Porsiel überreichte ich auch einige Broschüren über unser etwas größeres Döhren und bedankte mich für die nette Einladung mit dem Ausblick auf eine vertiefende Bekanntschaft.

Nach diesem kleinen Rückblick schauen wir nun nach vorn und sind gespannt, was uns das Neue Jahr 2005 beschert. Aufgrund der desolaten Haushaltslage sind viele Einschnitte geplant, leider auch in Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit. Ich persönlich halte eine Weiterfinanzierung grade dort für wichtig, denn Kinder und Jugendliche benötigen Bestärkung in ihrem Selbstbewusstsein, Anleitungen zum Sozialverhalten und Unterstützung beim Aufbau von Perspektiven. Die Pisa-Studie hat doch belegt, wie wichtig individuelle, positive Lernerfahrungen für Kinder sind. Ich hoffe und wünsche, dass besonders in der Bildungsdebatte nicht die Billiglösung gewählt wird und wir im Hinblick auf die zurückgehenden Geburtenzahlen unseren jetzigen Kindern das geben, was sie am meisten benötigen: Zeit und Zuwendung. Leider scheint bei den Entscheidungsträgern für diese teurere Variante (Aufstockung mit qualifiziertem Personal) noch kein Verständnis vorhanden zu sein.

Dennoch schaue ich zuversichtlich in die Zukunft und beobachte sogar einen kleinen Wertewandel: Viele haben genug von der Spaß- und Konsumgesellschaft, und wenden sich wieder bleibenden Werten zu. Unterstützung und Halt in der Familie, Aufbau von Freundschaften und ein wenig mehr soziales Mitdenken erhalten angesichts der Sozialreformen ein neue Wichtigkeit. Vielleicht ist es genau diese Menschlichkeit, die uns durch die bisherige staatliche Komplettabsicherung abhanden gekommen ist. In diesem Sinne wünschen ich uns allen ein gutes, gesundes und glückliches Neues Jahr 2005!

Eva-Maria Hartmann

Stellv. Bezirksbürgermeisterin

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